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Kaffee - Filter, Kapseln oder Pads?

Filter, Kapseln oder Pads? Wie wird Kaffee umweltfreundlich?

In der dunklen Jahreszeit beklagen sich viele Menschen über verstärkte Müdigkeit – da ist es kaum überraschend, dass die Deutschen 2020 durchschnittlich 168 Liter Kaffee pro Kopf konsumierten. Oft ist aber nicht klar, welche Form der Zubereitung am ökologischsten ist: Filter, Kapseln oder Pads? Hier gibt es eine klare, konkrete und kurze Antwort auf diese Frage.


Dieser Beitrag erscheint in der Reihe „Was denn nun?“ im Nachhaltigkeitsblog von Tina Teucher. Sie hinterfragt Alltagsthemen und Dilemmata der Nachhaltigkeit, untersucht unterschiedliche Quellen und Erkenntnisse zum jeweiligen Thema und gibt Tipps für die Entscheidungsfindung.


Alu-Kapseln: Geschlossener Recycling-Kreislauf fehlt

Jährlich verbrauchen die Deutschen rund 3 Milliarden Kaffeekapseln – das sind 8.000 Tonnen Verpackungsmüll, was wiederum 14.000 ausgewachsenen Kühen entspricht. Eine unvorstellbare Menge. Nespresso, Hauptproduzent von Alu-Kapseln, betont jedoch, die Hüllen seien einfach zu recyceln und zu neuen Gegenständen zu verarbeiten. Daraus schließt das Unternehmen automatisch, dass sein Produkt nachhaltig ist. Die Aussagen des Nestlé-Markenunternehmens sind per se nicht falsch, dennoch bleiben wichtige Aspekte unbeachtet: Prinzipiell lassen sich die Alu-Kapseln vollständig verwerten. Die Konsumenten müssen sie aber auch dem gelben Sack oder dem richtigen Container zuführen – die meisten landen allerdings im Restmüll. So können Abfallbetriebe die Kapseln nicht fachgerecht recyceln.

Nespresso-Stores und andere Sammelstellen nehmen die Kapseln zwar zurück, doch gibt es dafür kein Pfand und somit keinen monetären Anreiz für die Kunden. Über die tatsächliche Rücklaufquote macht Nespresso keine Aussage, das Unternehmen gibt lediglich bekannt, dass der Konzern eine Rücklaufkapazität von 100% habe. Das sagt aber noch nichts über die tatsächliche Recyclingrate aus. Laut dem Freiburger Öko-Institut wird in Deutschland nur etwa die Hälfte der Kapseln wiederverwertet. In Ländern ohne die gelbe Tonne ist der Anteil wohl noch geringer.

Ein weiteres Problem: Selbst, wenn alte Kaffeekapseln eingeschmolzen werden, lassen sich daraus nur noch minderwertigere Aluminium-Produkte herstellen. Für die Produktion neuer Kapseln eignet sich das alte Aluminium nicht. Es würde sich bei den hohen Temperaturen in der Kaffeemaschine verformen. Auch wenn Verbraucher die Kapseln also richtig entsorgen, gibt es keinen wirklich geschlossenen Recyclingkreislauf.

Mehr zu Aluminium im Blogbeitrag: „Was denn nun? Aluminium – Umweltmonster oder Kreislaufmaterial?

Kunststoff-Kapseln: Verbrennung häufig, aber nicht nachhaltig

Es gibt bereits Alternativen zu den Alu-Kapseln von Nespresso: Tchibo bietet beispielsweise Kapseln aus Polypropylen-Kunststoff an. Sie bestehen aus 70% nachwachsenden Rohstoffen der zweiten Generation – das sind organische Abfall- und Nebenprodukte, zum Beispiel Tallöle aus der Forstwirtschaft oder Pflanzenfette der Speiseölproduktion. Tchibo reduziert so die Verwendung von fossilen Rohstoffen wie Erdöl und benötigt weniger wertvolle Wald- und Agrarflächen. Dadurch entstehen 35% weniger CO2-Emissionen als bei der Herstellung konventioneller Kapseln. Außerdem sind die Kunststoff-Kapseln vollständig recycelbar, sofern sie über den gelben Sack entsorgt werden. Wenn die meisten von ihnen allerdings wie ihre Geschwister aus Aluminium im Restmüll landen, können sie nicht recycelt werden und werden lediglich verbrannt.

Kompostierbare Kaffee-Kapseln: In der Entsorgung schwer zu unterscheiden

Eine weitere Alternative sind kompostierbare* Kapseln aus Zellulosefasern oder Maisstärke. Hier ist aber nicht zwingend alles an der Kapsel kompostierbar, der Deckel besteht oft aus herkömmlichem Plastik. Bei Bio-Plastik gibt es ein weiteres Problem: Viele Bio-Kunststoffe zersetzen sich nur unter Laborbedingungen, in Kompostieranlagen herrschen diese idealen Bedingungen meist nicht. Zudem können die Entsorger oft nicht zwischen konventionellem Plastik und Bio-Plastik unterscheiden. Folglich verbrennen sie das eigentlich kompostierbare Plastik zusammen mit dem herkömmlichen Kunststoff, die beide häufig im Restmüll landen.

* Kompostierbar: Stoffe bauen sich unter bestimmten Bedingungen und innerhalb von bestimmten Zeiträumen biologisch ab (12 Wochen in Industrieanlagen; ein Jahr im Gartenkompost)

Mehrweg-Kapseln: Eine gute Alternative

Existierende Kapselmaschinen müssen deswegen aber nicht in den Müll, denn es gibt eine Alternative, die im Vergleich zu den anderen Kapseln am nachhaltigsten ist: Mehrweg-Kapseln, die man nach dem Gebrauch selbst wieder befüllen kann. Sie sparen Verpackungsmüll, Geld und das Befüllen dauert nur zwischen zehn und 15 Sekunden. Besonders nachhaltig und sogar mit dem Red Dot Design Award ausgezeichnet: Die wiederverwendbaren Kapseln von mycoffeestar. Sie bestehen aus medizinischem Edelstahl und halten ein Leben lang – enthalten also keine für die Umwelt und Gesundheit problematischen Substanzen und produzieren keinen Abfall.

Kaffee-Pads: Vollständige Zersetzung

Kaffeepads dürfen in den Bio-Müll und verrotten vollständig. Trotzdem verursacht jede Tasse Pad-Kaffee 0,8 Gramm Müll und damit etwas mehr als die klassische Filterzubereitung.

Kaffee-Filter:

Die Kaffeezubereitung mit dem Filter schneidet im Vergleich der klassischen Zubereitungsarten umwelttechnisch am besten ab. Die Filter dürfen in den Biomüll und bauen sich biologisch vollständig ab. Außerdem wird dabei weniger Strom verbraucht als bei der Zubereitung mit Filter-Kaffeemaschinen und Vollautomaten.

Fazit: Es lebe der Filterkaffee

Der klassische Filterkaffee ist der Kaffee mit der besten Ökobilanz, gefolgt vom Vollautomaten und der Filtermaschine. Was die Einzelportionen angeht, sind Pads nachhaltiger als Kapseln. Dabei spielt das Material der Kapsel keine große Rolle – sowohl bei Kunststoff als auch bei Aluminium ist ein geschlossener Recyclingkreislauf nicht garantiert.

Auch kompostierbare Kaffeekapseln sind trotz der biologischen Abbaubarkeit nicht die nachhaltigste Lösung: Aus ökologischer Sicht problematisch ist schließlich alles, was nach einmaliger Benutzung im Müll landet. Zudem sind bei Kapseln Verpackung und Füllmenge nicht verhältnismäßig: So kommen auf etwa sechs Gramm Kaffee vier bis fünf Gramm Aluminium, also fast so viel Verpackung wie Kaffee. Bei Kapseln gilt daher: Mehrweg ist nachhaltiger als Einweg, unabhängig vom Material!

Die einzigen Kapseln, die im Öko-Vergleich wirklich punkten können, sind die wiederverwendbaren Kapseln von mycoffeestar. Sie produzieren keinen Müll, weil sie ein Leben lang verwendbar sind und könnten damit sogar die Ökobilanz von Filtern übertrumpfen.

Kaffee trinken schmeckt ökologisch und fair am besten

Neben der Zubereitungsart sollte man hinterfragen, welchen Kaffee man konsumiert. Konventioneller Kaffee verzeichnet eine enorm schlechte Ökobilanz: Hersteller roden Urwaldflächen und verwenden Mineraldünger und chemische Pestizide in Monokulturen – das schädigt Böden, Ökosysteme und verunreinigt das Grundwasser. Auch der Wasserverbrauch ist nicht zu unterschätzen: Die Herstellung eines Kilogramms Kaffee erfordert ca. 21.000 Liter Wasser. Pro konsumierter Tasse Kaffee kommt also ein unsichtbarer Wasserverbrauch von mehr als 140 Litern zusammen. Darüber hinaus stoßen Anbau, Transport und Zubereitung pro Tasse ca. 50 bis 100 Gramm CO2 aus.

Mit dem Kauf von Bio-Kaffee oder regionalem Kaffee aus Lupinen kann man seinen Kaffeekonsum nachhaltiger gestalten: So gewährleistet das Bio-Siegel nach der EU-Öko-Verordnung, dass beim Anbau keine Dünger, Pestizide oder Gentechnik zum Einsatz kommen. Das zusätzliche Label eines Fairtrade-Anbieters (z.B. Fairtrade oder GEPA) garantiert über die Bio-Standards hinaus faire Arbeitsbedingungen für die Menschen auf den Plantagen. Der regionale Kaffee aus Lupinen muss anders als Bohnenkaffee keine langen Transportwege zurücklegen, was CO2 einspart. Zudem gelten in Deutschland strengere Arbeitsschutzrichtlinien – heimischer Lupinenkaffee wird also normalerweise unter fairen Bedingungen hergestellt.

Tee: Die ökologischere Alternative zu Kaffee?

Überlegenswert ist auch, den Kaffeekonsum zu reduzieren und vielleicht die ein oder andere Tasse durch Tee zu ersetzen, der eine um Längen bessere Ökobilanz aufweist: Im Vergleich zu Kaffee braucht man weniger als die Hälfte der Fläche, um ein Kilo Teeblätter zu ernten. Die CO2- und Energiebilanz ist beim Tee außerdem viel besser als beim Kaffee: Tee wird nach der Ernte gerollt und mit heißer Luft getrocknet – die Verarbeitung des Kaffees ist hingegen aufwendiger, hier müssen Hersteller trocknen, waschen, rösten und anschließend in vielen Fällen mahlen. Aber auch beim Tee sollten Verbraucher auf das Bio- und Fairtrade-Siegel achten – aus denselben Gründen wie beim Kaffee.

https://www.kaffeeverband.de/de/presse/deutscher-kaffeemarkt-2020-20-tassen-pro-kopf-mehr-konsumiert

https://www.stern.de/wirtschaft/nespresso-recyclinganlage–was-vom-kaffeekapsel-wahnsinn-uebrig-bleibt-3237068.html

https://www.zeit.de/wirtschaft/2011-10/nespresso-kapseln-oekobilanz/seite-2

https://nestle-nespresso.com/news/joining_aluminium_recycling_scheme

https://www.br.de/radio/bayern1/inhalt/experten-tipps/umweltkommissar/kaffee-kapseln-pads-umwelt-100.html

https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/tag-des-kaffees-deutsche-umwelthilfe-und-bundesguetegemeinschaft-kompost-warnen-vor-greenwashing-mit/

https://www.tchibo.de/qbo-nachhaltigkeit-c400069285.html

https://www.duh.de/bioplastik/

https://www.empa.ch/de/web/s604/auf-den-kaffee-kommt-es-an

https://www.geo.de/wissen/ernaehrung/23321-rtkl-endlich-verstehen-was-bio-kaffee-von-konventionellem-kaffee

https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/publikationen/aufkommen_und_verwertung_von_verpackungsabfaellen_in_deutschland_im_jahr_2016_final.pdf

https://utopia.de/ratgeber/lupinenkaffee-was-du-ueber-die-regionale-kaffeealternative-wissen-musst/

https://utopia.de/ratgeber/biologisch-abbaubar-kompostierbar-biobasiert-das-ist-der-unterschied/

https://www.mycoffeestar.com/de/

https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/wie-ist-die-oekobilanz-von-tee-im-vergleich-zu-kaffee-100.html


Tina Teucher macht Lösungen rund um nachhaltiges Leben und Wirtschaften mit Artikeln und Vorträgen bekannt. Als Moderatorin und Speakerin ist sie auf Veranstaltungen online und vor Ort präsent. Sie spricht zu Themen wie Megatrends, nachhaltige Innovationen und Sustainable Leadership. Durch die Beratung von Unternehmen kommt Tina Teucher mit unterschiedlichen Branchen in Kontakt und kann so aus einem reichen Best Practice-Schatz schöpfen. Ihr Wissen teilt sie in zahlreichen Publikationen und Beiträgen.
Der Newsletter von Tina Teucher informiert etwa viermal jährlich über aktuelle Nachhaltigkeitsthemen.


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